Michael Engel bei den Paralympischen Spielen in Paris 2024.

Foto: Steffie Wunderl

 

„Alle Ebenen sind gefragt, um den Rollstuhlbasketball in Deutschland weiterzuentwickeln“

Interview mit Herren-Bundestrainer Michael Engel zum Gewinn der Bronzemedaille und zum Auftakt der neuen Bundesliga-Saison

 

Der Gewinn der Bronzemedaille ist ein Mega-Erfolg. Inwieweit hat die Arbeit in den (Bundesliga-)Vereinen einen Anteil daran?

Michael Engel: Den Hauptverdienst an dieser Bronzemedaille haben ganz klar die Vereine. Sie haben durch ihre exzellente, unermüdliche und leidenschaftliche Arbeit das Fundament gelegt, damit sich überhaupt Nationalspieler und -spielerinnen entwickeln können.
 
Wie kann und sollte dieser Erfolg für die Entwicklung des RBB, der Liga und der Nachwuchsarbeit genutzt werden?

Michael Engel: Ich denke, wir haben eine neue Chance, die es zu nutzen gilt. Auch in der Vergangenheit gab es sicherlich genug Möglichkeiten. Das ist nicht der erste Medaillengewinn, vor allem die Damen waren ja schon sehr fleißig: mit Gold 2012 in London und Silber 2016 in Rio. Und 2018 hatten wir eine Heim-Weltmeisterschaft in Hamburg. Aus meiner Sicht kommt es immer darauf an, für unsere Sportart zu begeistern, um einfach Ressourcen zu beschaffen. Auf der einen Seiten um den wirtschaftlichen Aspekt, beispielsweise darum Sponsoren zu gewinnen, ein ganz wichtiger Faktor. Auf der anderen Seite auch darum, Manpower zu motivieren, auf und außerhalb des Spielfeldes.

Deshalb müssen wir unserer Nachwuchsarbeit die größtmögliche Aufmerksamkeit schenken. Es ist wichtig, dass wir den Fokus auf die U-Nationalmannschaften weiter verschärfen und dass wir zusätzlichen Spielbetrieb für den Nachwuchs ermöglichen, zum Beispiel eine Nachwuchsliga, in welcher Form auch immer. Denn dieser Nachwuchs stellt am Ende unsere Zukunft dar. Und da geht es nicht nur darum, Spielerinnen und Spieler zu entwickeln, sondern es geht auch darum, das Team hinter dem Team weiter zu stärken. Nur weil jemand es vielleicht nicht an die Spitze schafft, heißt es ja nicht, dass der dann dem Rollstuhlbasketball nicht die Treue hält und sich zum Beispiel als Trainer*in oder in anderen Bereichen im Verein oder im Verband engagiert. Und hier ist natürlich ganz wichtig, dass alle Ebenen gefragt sind, wo es ausschließlich um die Sache gehen muss, den Rollstuhlbasketball in Deutschland weiterzuentwickeln.

 
Wie schätzt du die aktuelle Leistungsstärke der Liga im internationalen Vergleich ein und wie hat sich die Liga aus deiner Sicht in den letzten fünf Jahren entwickelt?

Michael Engel: International könnte man klar sagen, dass die Rollstuhlbasketball-Bundesliga – neben der spanischen Liga – zu den Top zwei Ligen in Europa zählt. Da muss man sich einfach nur die das Abschneiden der deutschen Teams anschauen. Der RSV Lahn-Dill und die Thuringia Bulls standen mehrfach im Final Four im Champions Cup und sind mehrmalige Cup-Gewinner. Die Rhine River Rhinos waren vorne mit dabei im Euro Cup 1 und Hannover United hat den Euro Cup 2 gewonnen.

All das spiegelt insgesamt einfach auch wider, dass in den letzten fünf Jahren das Leistungsniveau deutlich gestiegen ist. Die Spitze ist viel breiter geworden und wenn ich mir diese Saison anschaue, kann sich über die Hälfte der Liga berechtigte Chancen auf die Playoffs machen. Das sagt über das Leistungsniveau und die Leistungsstärke, denke ich, einiges aus.

 
Was erwartest du von der neuen Saison? Wer sind die Spieler*innen, die sich in den Focus spielen werden?

Michael Engel: Ich erwarte eine sehr, sehr spannende Spielzeit mit komplett offenem Ausgang. Mir fällt es immer noch schwer, da irgendwelche Prognosen zu treffen. Von daher wünsche ich allen Spielerinnen und Spielern vor allen Dingen, dass sie gesund bleiben, denn das ist die wichtigste Grundlage, um täglich gut für die eigene Weiterentwicklung zu trainieren und dann dementsprechend die bestmögliche Performance aufs Parkett zu zaubern.
 
Vielen Dank für deine Antworten
 

Interview: Presse RBB