Peter Richarz umarmt U23-Team­manager Karim Drews nach dem Gewinn der Goldmedaille.

Foto: Andreas Hohl

WM-Titel der U23-Junioren: »Positive Teamchemie war ein wichtiger Faktor«

Seit dem historischen Erfolg der U23-Junioren sind jetzt ein paar Tage ins Land gegangen. So langsam dürften die Erlebnisse von in São Paulo endgültig in den Köpfen der jungen Spieler und des Staffs angekommen sein. Über die Emotionen nach dem Erfolg und die Gründe dafür sprachen wir mit Chefcoach Peter Richarz und Kapitän Sören Seebold.

? Glückwunsch zum Gewinn der Goldmedaille. Das Ziel in São Paulo war der Gewinn einer Medaille, jetzt ist es Gold geworden. Mit welchen Emotionen habt ihr die Rückreise angetreten?
Peter Richarz: Die Jungs waren zurecht stolz wie Oskar, viele verschiedene Spielaktionen wurden mehrfach und sehr intensiv diskutiert!

Sören Seebold: Ich bin einfach wahnsinnig stolz auf die Mannschaft und unglaublich glücklich. Nachdem ich in meiner U23-Laufbahn bisher zwei Mal Vizeeuropameister und einmal 4. bei der WM 2022 geworden bin, ist es endlich die erste Weltmeisterschaftsmedaille für mich und dann gleich Gold, einfach unbeschreiblich.

? Das Pensum vor Ort war mit acht Spielen in neun Tagen sehr hoch. Wie seid ihr damit umgegangen? Wie steuert man da Belastung und Regeneration?
Peter Richarz: Insgesamt waren die Jungs athletisch sehr gut vorbereitet, Danke nochmals an die Vereins- und Landestrainer. Die Trainingseinheiten wurden vor Ort entsprechend dosiert und der Physio, unser ›Hexer‹, war an vielen Tagen sehr lange beschäftigt.

Sören Seebold: Die Belastung war ja im Vergleich zur EM in Madrid letztes Jahr, wo wir teilweise zwei Spiele am Tag hatten, schon eine Ecke geringer, aber wir haben sehr viel geschlafen, bestimmt jede Nacht neun bis zehn Stunden. Dazu waren unser Physio und unsere Teamärztin im Dauereinsatz und haben uns immer wieder punktgenau zu den Spielen fit bekommen. Es hat auch sehr geholfen, dass wir in den meisten Spielen viele Minuten auf elf zwölf Spieler verteilen konnten und somit keiner überlastet war.

? Was hat schließlich den Ausschlag für den Titelgewinn gegeben?
Peter Richarz: Ein ausschlaggebender Punkt war die sehr hohe Qualität der Starting Five. Aber auch die Bank erfüllte ihre Aufgaben vor allem in der Vorrunde und in den KO-Spielen großartig, so dass wir einige Körner bis zum Finale aufsparen konnten. Die positive Teamchemie über das ganze Turnier war sicher auch ein wichtiger Faktor.

Sören Seebold: Ich glaube, dass wir eine super Teamchemie hatten und jeder seine Rolle kannte und sich auch entsprechend verhalten hat. Dazu kam unsere individuelle Klasse, unterstrichen durch die beiden Allstar Nominierungen von Julian und Alex.

? Welche Spieler haben sich beim Turnier besonders hervorgetan und sich für die A-Nationalmannschaft empfohlen?
Peter Richarz: In erster Linie war es Julian Lammering, der über den gesamten Turnierverlauf eine herausragende Leistung zeigen konnte! Die beiden Low Points Sören Seebold und Alex Keiser spielten ebenfalls auf sehr hohem Niveau und haben m. E. eine Sichtung beim kommenden Screening des A-Kaders verdient! Maxi Lammering und Jakob Krömer performten ebenfalls riesig und stehen sicher auch schon im Notizbuch von Bundestrainer Jan Haller!

Sören Seebold: Ich denke Julian hat gezeigt, warum er bereits Teil der A-Nationalmannschaft und Alex und Maxi warum sie auch bereits Teil des erweiterten Kaders sind.
Dazu hat Jakob im Vergleich zum letzten Jahr eine wahnsinnige Entwicklung hinter sich, wenn er hier anknüpfen kann, wird es für ihn in den nächsten Jahren auch in Richtung der Nationalmannschaft der Herren gehen.

? Welche Rahmenbedingungen habt ihr in São Paulo vorgefunden?
Peter Richarz: Die Verpflegung war ausgewogen, die Unterkunft mit Sechs-Bett-Zimmern herausfordernd und die Sporthallen waren überragend. Kurze Wege und die vielen sehr freundlichen HelferInnen vor Ort machten die Rahmenbedingungen nahezu perfekt.

Sören Seebold: Das paralympische Center, in dem wir gespielt haben und untergebracht waren, war sehr praktisch, da wir zu allen notwendigen Orten kurze Wege hatten. Die Sechs-Bett-Zimmer waren natürlich eine Herausforderung für sich, da sowas nicht so häufig vorkommt und man schon aufpassen muss, dass man sich seine persönlichen Freiräume nimmt, damit einem nicht irgendwann alle auf die Nerven gehen.
Das Essen war eine weitere Herausforderung. Da einige von uns noch nie so weit weg waren, musste man sich langsam herantasten, welches Essen gut verträglich ist und welches eher nicht.
Die Hallen waren gut und der Boden optimal für Rollstuhlbasketball. Auch der Stand von RGK war sehr hilfreich – als ein Stuhl kaputt ging, konnte dieser sofort geschweißt werden.


»Wir hatten eine super Teamchemie und jeder kannte seine Rolle und hat sich auch entsprechend verhalten.«

U23-Kapitän Sören Seebold

? Schon beim letzten Titelgewinn vor zwölf Jahre warst du, Peter, verantwortlicher Trainer. Wo siehst du Parallelen wo Unterschiede zu damals?
Peter Richarz: Ja, es gab schon einige Parallelen: Auch in Adana hatten wir ein sehr schweres Auftaktspiel, das wir damals aber erst in der Overtime für uns entscheiden konnten. In São Paulo hatten wir zu Beginn ebenfalls mit den Australiern einen sehr starken Gegner, den wir jedoch sehr deutlich bezwingen konnten. Die Vorrundenspiele sowie die Begegnungen in der KO-Runde liefen mit klaren Siegen ähnlich ab. Denke aber, dass wir in São Paulo noch dominanter auftreten sind.

Das Finale gegen die Schweden damals hatte eine ähnliche Dramatik, denn in Adana lagen wir drei Minuten vor Schluss noch mit Minus 10 hinten und konnten erst in der Crunch-Time das Spiel mit einer Full Court Press drehen.

Im Endspiel in São Paulo gegen die Türkei erlebten wir ebenfalls ein Krimi mit leicht verändertem Drehbuch, denn hier lagen wir schon zur Halbzeit mit Minus 13 hinten und konnten uns kontinuierlich und geduldig wieder ran arbeiten. Dass der Sieg dann noch möglich war, hatte sicher, wie oben schon angedeutet, mit der sehr guten physischen und psychischen Fitness der Jungs zu tun.

Nochmals meinen allerherzlichen Glückwunsch und ein großes Dankeschön an das Team, inklusive Staff, für dieses grandiose Abschneiden bei dieser WM!

Vielen Dank für eure Zeit!