Alexander Budde (l.) im Spiel gegen Frankreich bei den Paralympics in Paris 2024.

Foto: Steffie Wunderl

Rollstuhlbasketball-EM: Mit neuen Trainern zur WM-Qualifikation

Mit zwei neuen Trainern gehen die Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaften in die EM in Sarajevo (Bosnien und Herzegowina) vom 9. bis zum 18. Oktober. Das Damen-Team wagt einen kleinen Neuanfang, der Kader der Herren ist nach der Bronze-Medaille bei den Paralympics in Paris nur leicht verändert worden. Das Ziel ist für beide Mannschaften gleich: die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaften im kanadischen Ottawa 2026.

Dafür müssen die deutschen Herren unter den ersten Fünf landen. Insgesamt nehmen zwölf Mannschaften an der EM teil, großer Favorit ist der Titelverteidiger und Paralympics-Silbermedaillengewinner aus Großbritannien. Die Türkei und Spanien sind ebenfalls als stark einzuschätzen und dürften zu den größten Konkurrenten der deutschen Mannschaft um die vorderen Platzierungen zählen. Auf beide Teams trifft Deutschland bereits in der Vorrunde – neben Österreich, Polen sowie Gastgeber Bosnien und Herzegowina.

Vor einem Jahr in Paris gelang es Deutschland, die Spanier in einem umkämpften Viertelfinale mit 57:49 zu bezwingen. Jan Haller trug dort noch als Spieler zum Erfolg seiner Mannschaft bei. Jetzt wird er zum ersten Mal als Trainer bei einem großen Turnier den Takt angeben. »Wir haben eine gute Altersstruktur und eine gesunde Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern, die sich vom Charakter und der Spielqualität sehr gut ergänzen«, zeigt sich Haller von seinem Team überzeugt.

Mit dabei ist Rekordnationalspieler Thomas Böhme (323 Spiele), der zum achten Mal an einer EM teilnimmt. Im Gegensatz dazu feiern die U23-Weltmeister Alexander Keiser (22 Jahre) und Maximilian Lammering (18 Jahre) ihr EM-Debüt. Maximilian Lammering wird bei der EM mit seinem älteren Bruder Julian Lammering (21 Jahre) zusammenspielen, der schon in Paris mit zum Aufgebot gehörte. Ebenfalls neu ist der Kapitän oder in diesem Fall die Kapitäne. Erstmals wird nämlich ein Duo – bestehend aus Thomas Böhme und Nico Dreimüller – die Mannschaft auf dem Feld anführen.

Diese Veränderungen und die Philosophie des neuen Trainers wurden in der Vorbereitung in vielen intensiven Trainingseinheiten und auf zahlreichen Lehrgängen im In- und Ausland eingearbeitet. Jetzt fühlt sich die Mannschaft nach einer Reihe von Testspielen gegen Gegner mit unterschiedlichen Stärken gut auf die kontinentalen Titelkämpfe vorbereitet. Besonderes Highlight in der Vorbereitung: Beim Nations Cup in Köln gelang dem Team ein hart erkämpfter Sieg gegen den amtierenden Europameister Großbritannien.

Lisa Bergenthal und Lilly Sellak bei den Paralympics in Paris. | Foto: Steffie Wunderl

Lisa Bergenthal und Lilly Sellak bei den Paralympics in Paris 2024.

Foto: Steffie Wunderl

Ein Neuanfang im Damen-Team

Auch die Damen haben mit Josef Jaglowski einen neuen Trainer an der Seitenlinie, mit dem an alte Erfolge angeknüpft werden soll. Über viele Jahrzehnte haben deutsche Damen-Nationalmannschaften im Rollstuhlbasketball nicht nur auf europäischer Ebene dominiert. Die letzten großen Erfolge waren der Gewinn des EM-Titels 2015 und die Silbermedaille bei den Paralympics in Rio 2016. Danach folgte ein Umbruch und es gab einige Wechsel bei den Spielerinnen und im Trainerstab. Junge und talentierte Spielerinnen kamen ins Mannschaftsgefüge, konnten die erfahrenen Teammitglieder auf dem hohen Niveau zunächst aber nicht voll ersetzten. Die Leistungsstärke innerhalb der wenigen europäischen Damenteams hat sich in den letzten Jahren verschoben, so dass die deutschen Damen andere Nationen an sich vorbeziehen lassen mussten.

»Wir alle müssen verstehen, dass wir im Grunde einen Neuanfang vor uns haben. Aber wir machen schnell Fortschritte und sind von unseren Fähigkeiten überzeugt«, gibt Cheftrainer Josef Jaglowski zu Protokoll. Im Team herrschen eine tolle Atmosphäre, gegenseitiges Verständnis und gegenseitige Unterstützung. »Es ist angenehm, mit einem solchen Team zu arbeiten, und ich bin sicher, dass wir unser Bestes geben werden«, ergänzt Jaglowski.

Wie bei den Herren ist die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaften 2026 in Ottawa (Kanada) das Ziel. Dafür ist der Einzug ins Finale notwendig. Die beiden nächstplatzierten Teams nehmen an einem Repechage-Turnier teil, bei dem weitere WM-Tickets ausgespielt werden. In Sarajevo gehen insgesamt fünf Damenteams an den Start, die in der Vorrunde jeweils gegeneinander antreten. Neben Deutschland sind das die großen Favoritinnen aus den Niederlanden sowie die Länder Großbritannien, Spanien und Frankreich.

Mut machen dürfte der Erfolg bei den diesjährigen FISU Games im 3×3-Rollstuhlbasketball. Beim ›Studenten-Olympia‹ in Bochum trat ein Quartett bestehend aus Lilly Sellak, Lisa Bergenthal, Svenja Erni und Catharina Weiß an und gewann die umjubelte Gold-Medaille. Alle werden auch bei der EM Teil des deutschen Teams sein, Catharina Weiß sogar als Kapitänin. Dazu bringen Anne Patzwald und Rekordnationalspielerin Mareike Miller (344 Spiele) bei ihrer jeweils sechsten EM die nötige Erfahrung mit.

Mehr Informationen und alle Ergebnisse gibt es auf der Veranstaltungs-Website.

Livestreams zu allen Spielen gibt es auf dem YouTube-Kanal IWBF Europe

Text: Gregor Pleßmann & DBS

IWBF Europameisterschaft Sarajevo

Der Gruppenspiele der Herren
10. Oktober (12 Uhr): Deutschland – Polen
11. Oktober (16:30 Uhr): Deutschland – Bosnien und Herzegowina
12. Oktober (9:30 Uhr): Deutschland – Türkei
13. Oktober (16:30 Uhr): Deutschland – Österreich
14. Oktober (19:30 Uhr): Deutschland – Spanien

Die Gruppenspiele der Damen
11. Oktober (9.30 Uhr): Deutschland – Frankreich
12. Oktober (14.30 Uhr): Deutschland – Großbritannien
13. Oktober (17 Uhr): Deutschland – Niederlande
14. Oktober (12 Uhr): Deutschland – Spanien

Der Kader der Herren für die EM in Sarajevo:
Jens-Eike Albrecht (34 / Rotenburg / RSB Thuringia Bulls), Thomas Böhme (34 / Bayreuth / RSV Lahn-Dill), Alexander Budde (25 / Winsen / Hannover United), Nico Dreimüller (27 / Frankfurt am Main / Rhine River Rhinos), Lukas Gloßner (25 / Weißenburg / RSB Thuringia Bulls), Matthias Güntner (26 / Neuwied / RSV Lahn-Dill), Aliaksandr Halouski (38 / Minsk (Weißrussland) / RSB Thuringia Bulls), Tobias Hell (25 / Räckelwitz / Hannover United), Alexander Keiser (22 / Bergheim / Köln 99ers), Julian Lammering (21 / Stadtlohn / RSV Lahn-Dill), Maximilian Lammering (18 / Stadtlohn / BBC Münsterland), Thomas Reier (25 / Köln / RBC Köln 99ers)

Der Kader der Damen für die EM in Sarajevo:
Lisa Bergenthal (25 / Mechernich / RBC Köln 99ers), Svenja Erni (22 / Laupheim / Doneck Dolphins Trier), Marie Kier (25 / Herrenberg / RSB Thuringia Bulls), Lena Knippelmeyer (35 / Emden / RSC Osnabrück), Svenja Mayer (34 / Amberg / Nürnberg Falcons), Verena Meyer (26 / Regensburg / Nürnberg Falcons), Mareike Miller (35 / Friedberg / Nürnberg Falcons), Roli-Ann Neubauer (41 / Berlin / Alba Berlin), Anne Patzwald (36 / Guben / ASD Briantea 84), Lilly Sellak (22 / Nürnberg Falcons ), Annika Sonnleitner (24 / München / RBB München Iguanas), Catharina Weiß (25 / Stuttgart / Econy Gran Canaria)

Text: Gregor Pleßmann & DBS