Jan Haller mit seinen Mannschaftskollegen bei den Paralympics in Paris.

Foto: Ana Sasse

 

„Es gibt nichts schöneres, als Teil eines funktionierenden Teams zu sein“

Mit Jan Haller verläßt der Kapitän die Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Herren. Im Interview blickt er auf seine Karriere zurück.

 

Wann reifte der Entschluss, sich aus der Nationalmannschaft zu verabschieden?

Das war ein Prozess, der schon im Sommer vor den Spielen in Paris begonnen hatte. Ich habe aber dann für mich entschieden, dass ich mich nun erstmal voll auf die Paralympics konzentriere und mir dann in Ruhe Zeit nehme. Der Entschluss kam dann im Oktober.

 

Inwieweit spielte der große Erfolg von Paris eine Rolle?

Das spielt schon mit rein. Es war einfach der perfekte Abschluss einer sehr langen Reise. Ein echtes happy end. Ich denke aber, dass ich die Entscheidung, meine Nationalmannschaftskarriere zu beenden auch getroffen hätte, wenn wir in Paris keine Medaille geholt hätten.

 

Welche Menschen haben dich in dieser Zeit geprägt oder besonders motiviert?

Puh, das ist schwierig, da es natürlich sehr viele Menschen waren, die ich in dieser Zeit kennenlernen durfte. Ich erinnere mich aber gerne an unseren Co-Trainer Bruce Enns aus Kanada. Bruce war in meiner Anfangszeit als junger Spieler schon sehr wichtig und ich habe viel von ihm lernen dürfen. Natürlich fallen mir auch Sebastian Wolk und Björn Lohmann ein, die meine Vorgänger als Kapitän des Teams waren und von denen ich sehr viel mitgenommen habe.

Dann ist da noch Tommy Böhme, der immer da war und mit dem ich jedes einzelne Turnier zusammengespielt habe. Mein langjähriger Zimmerkollege Christopher Huber, sowie André Bienek, der ein grandioser Anführer und Motivator über ganz viele Jahre war. Michael Engel in diesem besonderen Jahr zu erleben war ebenfalls total spannend und hat mich sehr inspiriert.

 

Was wird dir aus der Zeit bei der Nationalmannschaft am meisten fehlen – was bleibt in Erinnerung? 

Es gibt nichts schöneres, als Teil eines funktionierenden Teams zu sein, in dem man sich selbst verwirklichen kann und in dem man so akzeptiert wird, wie man ist. Mir werden vor allem die ganzen Reisen und das Miteinander in Erinnerung bleiben. Die dummen Sprüche und der Blödsinn, der gemacht wird, wenn zwölf Jungs über einen langen Zeitraum zusammen sind. Das man sich selber einfach nicht zu wichtig nimmt und einfach nur ganz viel Spaß hat.

 

Was war dein schönstes Erlebnis?

Natürlich steht der diesjährige Sommer in Paris klar auf Platz eins. Die Stimmung, das Drama, diese Emotionen nach den Siegen gegen Spanien und Kanada. Das war schon krass. Aber auch die vielen Reisen, die ich ohne den Basketball und die Natio wahrscheinlich nie gemacht hätte. Südafrika 2012, unser Trainings- und Testspielcamp in Israel 2015, die Paralympics in London, Rio, Tokio. Es gab ganz viele unterschiedliche Situationen, die auf ihre eigene Art und Weise besonders waren.

 

Mit welchen Gefühlen wirst du zukünftig Spiele der Herren-Natio verfolgen?

Mit ganz viel Freude und dem Wissen, dass wir ein tolles Team haben, dessen Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist. Ich freue mich sehr zu sehen, was in den kommenden Jahren noch alles drin ist.

 

Du spielst aktuell in Hannover. Welche sportlichen Ziele bzw. Wünsche hast du noch?

Ich wünsche mir, dass wir uns auf und neben dem Feld weiterentwickeln und unserer Philosophie treu bleiben. Wir haben in dieser Saison eines der jüngsten Teams der Liga, sind so ein bisschen im Umbruch und haben trotzdem eine bessere Bilanz als an Weihnachten 2023. Das ist ein tolles Zeichen und zeigt, dass wir viele Dinge richtig machen. Natürlich wäre ein nationaler Titel mal was ganz Besonderes, aber viel wichtiger ist meiner Meinung nach, dass die Entwicklung des Vereins und der Mannschaft weiterhin in die richtige Richtung geht.

 

Du bist in der Geschäftsstelle von Hannover United beschäftigt – wie kam es dazu und welche Ziele möchtest du außerhalb des Spielfeldes erreichen?

Bevor ich 2018 nach Hannover kam, hatte ich zuvor sieben Jahre beim RSV Lahn-Dill gespielt und auch dort bereits in der Geschäftsstelle gearbeitet. Ich wollte mich neben meiner Karriere als Athlet immer auch beruflich weiterentwickeln und dies am liebsten im Rollstuhlbasketball.

Bei Hannover United geht es darum, dass wir den Verein und den Sport weiter in die Köpfe der Menschen in Hannover kriegen. Wir haben durch 96, Die Recken, Eishockey, Wasserball und die TKH Luchse eine große Konkurrenzsituation in der Stadt. Es wäre schön, wenn wir noch mehr Hannoveraner*innen für uns begeistern und sich das dann auch an den Zuschauerzahlen in der Halle widerspiegelt.


Was macht Jan Haller – sagen wir – in fünf Jahren?

Es wäre schön, wenn ich auch dann noch im Rollstuhlbasketball tätig wäre und eine Funktion hätte, die mir Spaß macht und die mich erfüllt.

 

Vielen Dank für deine Zeit und alles Gute!